Dieser Abschnitt aus dem Psalm 145 fasst sehr gut zusammen, um was es in diesem Blogpost (der aus den Notizen meiner Predigt vom 9.1.2022 in der FCG Aarau besteht) geht:
“Gnädig und barmherzig ist der Herr, geduldig und von großer Güte. Der Herr ist gütig gegen alle, und seine Barmherzigkeit waltet über allen seinen Werken. Alle deine Werke werden dich loben, o Herr, und deine Getreuen dich preisen. Von der Herrlichkeit deines Reiches werden sie reden und von deiner Macht sprechen, dass sie den Menschenkindern seine mächtigen Taten verkünden und die prachtvolle Herrlichkeit seines Reiches. Dein Reich ist ein Reich für alle Ewigkeiten, und deine Herrschaft währt durch alle Geschlechter.” Psalmen 145:8-13
Gott ist gut in unseren Leben – das ist seine Verheissung für uns. Er begegnet uns mit seiner Güte – das lesen wir auch in anderen Psalmen, am bekanntesten ist vermutlich der Psalm 23. Es gibt aber auch eine weitere Dimension: Gott schreibt eine gute Geschichte mit der Welt – und diese Geschichte ist wesentlich grösser als unsere Leben. Genau diese Dimension zu kennen hilft uns, wenn wir in unseren Leben mit Schmerz, Tragödien und dem Bösen konfrontiert sind. Da brauchen wir einen Blick, der über unsere Leben hinausgeht.
Die Güte Gottes kann aus der Bibel nicht bestritten werden.
Wer die Bibel liest, wird merken, dass die Güte Gottes nicht bestritten werden kann. Zu viele Verse über die Güte Gottes unterstreichen Gottes guten Charakter. Auch wenn im Alten Testament z.T. befremdliche Geschichten zu lesen sind, müssen wir sagen, dass auch da Gott als gut beschrieben wird. Hier drei Beispiele:
Altes Testament: “Dankt dem Herrn, denn er ist gütig, ja, seine Gnade währt ewiglich!” Psalmen 118:29
Worte Jesu: “Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben versteht, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn bitten!” Matthäus 7:11
Neues Testament: “Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter, bei dem keine Veränderung ist, noch ein Schatten infolge von Wechsel.” Jakobus 1:17
Wir sehen Gott am klarsten in der Person von Jesus Christus.
Während wir im Alten Testament Gottes Wesen nicht abschliessend und als Ganzes sehen können, wurde uns Gott in der Person von Jesus Christus klar offenbart. In der Person von Jesus Christus sehen wir das klarste Bild von Gott. Jesus selbst sagte es so:
“Wenn ihr mich erkannt hättet, so hättet ihr auch meinen Vater erkannt; und von nun an erkennt ihr ihn und habt ihn gesehen. Philippus spricht zu ihm: Herr, zeige uns den Vater, so genügt es uns! Jesus spricht zu ihm: So lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich noch nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, der hat den Vater gesehen. Wie kannst du da sagen: Zeige uns den Vater?” Johannes 14:7-9
Wir sehen durch das Leben und den Dienst von Jesus folgende Punkte (das ist keine abschliessende Aufzählung):
- Gott ist für uns (Joh 3,16)
- Er ist ein guter Vater (Mt 7,11)
- Er möchte alle Menschen retten, heilen und befreien (jeder wurde geheilt, der zu ihm kam und ihn darum bat)
- Er sorgt sich für uns (er hat an der Hochzeit Wasser zu Wein verwandelt – Joh 2)
- Er heisst Sünde nicht gut, aber begegnet uns gnädig (Ehebrecherin – Joh 8)
- Er möchte, dass wir Leben in Fülle haben (Joh 10,10)
Wenn Gott gut ist, warum geschieht dann Böses in der Welt?
Die Frage drängt sich auf: Wenn Gott so gut ist, warum geschieht dann so viel Böses in der Welt? Warum spielen sich Tragödien ab und warum leiden so viele Menschen?
N. T. Wright (“Paulus für heute: Der Römerbrief Band 1” S. 33ff) hat da einen wertvollen Ansatz. Verkürzt gesagt: Das Böse in dieser Welt steht in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit der Rebellion des Menschen. Rollen wir also die Akte Mensch von vorne auf:
- Der Mensch wurde im Ebenbild Gottes geschaffen (1 Mo 1,26-27).
- Er sollte eine Schlüsselrolle in Gottes Plan spielen, um in der Welt zu herrschen (1 Mo 1,26-27).
- Der Mensch rebelliert auf jeder Ebene gegen Gott (1 Mo 3 / Röm 1,21-23).
- Gottesverachtung (Anbetung von Götzen) führt zu Ungerechtigkeit (Röm 1,21-23).
- Wenn der Mensch (als eingesetzter Herrscher) in die falsche Richtung läuft, gerät die ganze Welt aus den Fugen.
- Das Böse hat Raum zu wirken.
- Die Gemeinde (Leib Christi in dieser Welt) ist eine Gemeinschaft von Menschen, die neu geworden sind (2 Kor 5,17).
- Die Gemeinde sollte Gottes Weisheit und Güte demonstrieren (Eph 3,10) und ist ein «Pilotprojekt» von Gott, um in der zerbrochenen Welt (Röm 8,19-22) die neue Schöpfung bereits jetzt zu demonstrieren und Erneuerung zu bringen (Mt 6,10).
- Durch die Gemeinde sollte sich die Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes (anders gesagt: Das Königreich Gottes) auf der ganzen Welt ausbreiten (Hab 2,14).
- Der Himmel soll auf die Erde kommen – das wird endgültig der Fall sein, wenn Jesus zurück kommt und das «neue Jerusalem» auf die Erde kommt (Off 21).
- Dann wird das Problem vom Bösen ein für alle Mal gelöst sein.
Zusammenfassend kann man sagen: Gott ist gut. Aber er hat dem Mensch Verantwortung gegeben. Der Mensch hat eine Schlüsselrolle in der Geschichte Gottes mit der ganzen Welt.
Gott ist gut, auch wenn das Böse in der Welt ist. Die Welt wird wiederhergestellt – der Himmel kommt auf die Erde und wir sind auf der Reise dahin. Bis dahin erleben wir Schmerz und Trauer – aber wir wissen: alles wird gut werden. Diese Geschichte Gottes mit der Welt ist grösser als unser Leben. Nur weil unser Leben nicht immer herrlich läuft, bedeutet das nicht, dass seine Geschichte mit der Welt nicht herrlich sein wird. Ein Teil vom Evangelium ist: Gott wird am Ende alles gut machen. Seine Wiederherstellung hat begonnen und wird vollendet werden:
“Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, weder Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er sprach zu mir: Schreibe; denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss!” Offenbarung 21:4-5
Bis das geschieht wovon Offenbarung 21 spricht, können wir wie Paulus sagen:
„Jetzt freue ich mich in meinen Leiden, [die ich] um euretwillen [erleide], und ich erfülle meinerseits in meinem Fleisch, was noch an Bedrängnissen des Christus aussteht, um seines Leibes willen, welcher die Gemeinde ist.“ Kolosser 1:24
Was auch klar ist: Das erklärt das Corona-Virus und Erdbeben noch nicht. Darum müssen wir ehrlich sein und uns eingestehen: gewisse Dinge können wir nicht erklären.
Gott kontrolliert die Welt nicht.
Corona, Krebs, Terror, Naturkatastrophen etc.: all das sind Zeichen dafür, dass sie Welt aus den Fugen geraten ist. Gleichzeitig stellen wir fest: Diese Dinge sind nicht von Gott inszeniert oder zugelassen. Das mag nun einige erstaunen (vor allem jene die gerne sagen: «Gott ist in Kontrolle»). Ich glaube nicht, dass Gott alles kontrolliert, sondern glaube ich, dass er als König regiert. Moltmann (“Der lebendige Gott und die Fülle des Lebens” S. 55) schreibt:
“Die Macht des lebendigen Gottes liegt nicht darin, dass er alles in «schlechthinniger Abhängigkeit» hält, sondern darin, dass er alle Dinge in seiner unendlichen Geduld «erträgt» und ihnen damit Raum schafft und Zeit lässt, um sich in Freiheit zu entfalten.”
(Diesem Zitat von Moltmann würde ich nicht uneingeschränkt zustimmen: natürlich gibt es Momente wo Gott eingreift).
Auch C. S. Lewis (“Mere Christianity” S. 65–66) äussert sich dazu:
“Why is He not landing in force, invading it? Is it that He is not strong enough? Well, Christians think He is going to land in force; we do not know when. But we can guess why He is delaying. He wants to give us the chance of joining His side freely. I do not suppose you and I would have thought much of a French- man who waited till the Allies were marching into Germany and then announced he was on our side. God will invade. But I wonder whether people who ask God to interfere openly and directly in our world quite realize what it will be like when He does. When that happens, it is the end of the world. When the author walks on to the stage the play is over.”
Gott wartet mit der endgültigen “Invasion”, weil er gnädig und geduldig ist. Weil er will, dass alle Menschen gerettet werden (1 Tim 2,4). Jesus wird zurückkommen und sein Königreich wird sich komplett zeigen auf dieser Welt. Das ist aber dann das Ende der Welt – dann wird das neue Jerusalem mit ihm auf die Erde kommen. Alles wird dann gut sein. Aber jene, die Jesus nicht treu nachgefolgt sind, werden dann verloren sein.
Das alles bedeutet nicht, dass Gott nicht eingreifen kann. Er tat dies ja z.B. durch Jesus, seinen Sohn, der die ganze Macht des Bösen auf sich lud und das Böse und den Tod entwaffnete (1 Kor 15,55-57). Auch unter uns wirkt Gott immer wieder Heilungen, Zeichen und Wunder. Natürlich tut Gott das. Gleichwohl müssen wir anerkennen, dass Gott beschlossen hat, grundsätzlich durch Menschen bzw. seine Gemeinde auf der Erde zu regieren. Uns wurde Verantwortung, Kraft und Vollmacht gegeben (Mt 10,1) – Jesus hat Stürme gestillt (und damit Menschen vor Tragödien bewahrt) (Mk 4,35ff) und uns aufgetragen, wir sollte Grösseres tun als er (Joh 14,12).
Wichtig für uns zu erkennen ist: Nicht alles was in der Welt geschieht entspricht dem Willen Gottes: Gott ist gut, auch wenn schlimme Dinge geschehen. Überleg dir mal folgendes: Jesus stillte den Sturm – warum hätt er das tun sollen, wenn der Sturm vom Vater gesendet (kontrolliert) gewesen wäre (Mk 4,35ff)? Die Jünger konnten den besessenen Knaben nicht heilen – Jesus heilte aber den besessenen Knaben (Mk 9,14ff) – war es jetzt Gottes Wille, dass er geheilt würde oder nicht? Der Wille Gottes geschieht noch nicht komplett in dieser Welt – aber er wird komplett geschehen, wenn der Himmel endgültig auf die Erde kommt.
Daraus könnte man auf einen kraftlosen Gott schliessen, der hier auf der Erde noch nichts zu sagen hat. Das ist weit von der Wahrheit: Gott regiert als Herrscher (Kyrios) bereits jetzt. Die bösen Mächte wurden am Kreuz durch Jesus Christus entwaffnet. Nun ist seine Gemeinde (sein Leib) und jeder der Jesus nachfolgt Teil der Familie Gottes und ein Botschafter für Christus (2 Kor 5,20). Dieser Sieg von Jesus soll sich nun durch die Gemeinde auf der ganzen Welt ausbreiten – so wie der Sauerteig, der ins Mehl gemischt wird (Mt 13,33) – was darin gipfeln wird, dass Jesus zurückkommt und der Himmel endgültig auf die Erde kommt. Das sind wunderbare Aussichten und zeigt die Güte Gottes. Bis Jesus zurück kommt, wütet Satan noch wo und wie er kann (obwohl er besiegt ist). Aber auch das wird ein Ende nehmen.
Bis dahin beschreibt Jesus unseren Auftrag so:
“Da sprach Jesus wiederum zu ihnen: Friede sei mit euch! Gleichwie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden vergebt, denen sind sie vergeben; welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.” Johannes 20:21-23
Wir sollten also wie Jesus die Werke des Teufels zerstören, wo wir nur können. Und da wo wir nicht erleben, dass die Werke des Teufels zerstört werden (warum auch immer), dürfen wir gewiss sein: Gottes Königreich wird endgültig auf diese Erde kommen. Spätestens dann wird für Satan Feierabend sein.
Hier noch ein spannender Fakt: die Revised Standard Version (RSV) übersetzt Römer 8,28 wie folgt: “We know that in everything God works for good with those who love him, who are called according to his purpose.” Auf Deutsch bedeutet das: “Wir wissen, dass Gott in allem das Gute wirkt mit denen, die ihn lieben und die nach seinem Vorsatz berufen sind”. Kann es sein, dass Gott nicht nur für uns das Gute wirken will, sondern mit uns? Kann es sein, dass wir als Ebenbilder Gottes mehr Verantwortung haben, als wir denken? Vermutlich ist es so.
Fazit
- Gott ist gut.
- Wir haben Verantwortung.
- Wir sollen Gott ehren und ihm dienen. Das tun wir, wenn wir den Auftrag ernst nehmen, mit ihm zu herrschen.
- Das tun wir nicht, um Teil seiner Familie zu sein, sondern, weil wir Teil seiner Familie sind.
- Das bedeutet auch, dass nicht jeder automatisch Teil seiner Familie ist.
- Nicht alles geschieht genauso, wie wir uns das vorstellen oder dafür glauben.
- Das Böse ist besiegt und Jesus herrscht, dass bedeutet aber nicht, dass alles immer rund läuft – Satan ist noch aktiv.
- Am Ende wird alles gut sein.
- Seine Geschichte mit der Welt ist gut und sie ist grösser als unsere Leben.
- Gott ist wirklich gut. Wahrscheinlich besser als wir denken.
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