Einmal mehr wird uns schmerzlich bewusst: unsere Hoffnung liegt in einer neuen Welt. Krieg erschüttert Europa. Menschenleben werden zerstört, Familien auseinandergerissen, Existenzen stehen vor dem Aus. Wir erfahren hautnah, dass die Welt aus den Fugen geraten ist. Wo ist Hoffnung in all dem?
Die christliche Hoffnung liegt angesichts solch dramatischen Umständen in zwei Wahrheiten: Jesus regiert und eine neue, perfekte Welt erwartet uns.
Jesus regiert. Seit seinem Tod und seiner Auferstehung hat Jesus jede böse Macht und lebensfeindliche Kraft besiegt. Jesus ist Herrscher (Kyrios) der Welt und des Universums. Er ist König.
«Die hat er wirksam werden lassen in dem Christus, als er ihn aus den Toten auferweckte und ihn zu seiner Rechten setzte in den himmlischen [Regionen], hoch über jedes Fürstentum und jede Gewalt, Macht und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in dieser Weltzeit, sondern auch in der zukünftigen»
Epheser 1:20-21
Man darf sich fragen, ob man dieser Botschaft trauen kann. Denn wenn Jesus regiert, warum gibt es dann noch Krieg auf dieser Welt? Das ist eine berechtigte Frage. Der Grund für die erlebte Spannung liegt darin, dass Jesus zwar schon regiert, aber noch mit Widerstand.
«danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird, wenn er jede Herrschaft, Gewalt und Macht beseitigt hat. Denn er muss herrschen, bis er alle Feinde unter seine Füße gelegt hat. Wenn ihm aber alles unterworfen sein wird, dann wird auch der Sohn selbst sich dem unterwerfen, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott alles in allen sei.»
1. Korinther 15:24-25,28
Jesus regiert – aber noch mit Widerstand. Doch der Widerstand wird gebrochen werden, was uns zum zweiten Punkt bringt: eine neue, perfekte Welt in der Gott «alles in allen sei». Bevor wir uns dem Annehmen, möchte ich aber noch ein anderer Gedanke ins Spiel bringen: Jeder Mensch – insbesondere jeder irdische Herrscher – muss sich einmal vor dem rechtmässigen «Kyrios» der Welt verantworten. Jeder wird zur Rechenschaft gezogen werden. Niemand kann dem endgültigen Richter, Gott, auf Dauer entgehen. Ob im Falle von diesem Krieg Putin in dieser Welt zur Rechenschaft gezogen wird, ist mir zweifelhaft – auch wenn andere Herrscher das Versprechen[1]. Was aber gewiss ist: Gott wird jeden Herrscher zur Rechenschaft ziehen.
Die Hoffnung auf eine neue, perfekte Welt. Die christliche Hoffnung ist eine Hoffnung in eine Erneuerung der Schöpfung. Eine Hoffnung dahin, dass alles gut werden wird – nicht nur in der zukünftigen Welt, aber abschliessend, endgültig in der zukünftigen Welt. Natürlich wirkt Gott schon in dieser Welt. Schon in dieser Welt können wir den Himmel auf der Erde erleben, einfach noch nicht komplett und vollendet.
«Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Himmel sagen: Siehe, das Zelt Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen; und sie werden seine Völker sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott. Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, weder Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.»
Offenbarung 21:3-4
Als Christen sollten wir nicht auf das Ende der Welt warten, in der eine Katastrophe oder ein Weltkrieg alles beenden wird. Unsere Hoffnung liegt darin, dass diese Welt erneuert wird und sich der Kreis zu 1. Mose 1 schliesst, indem der Himmel endgültig auf die Erde kommt und Gott «alles in allen» sein wird. Davon spricht Offenbarung 21 und 22. Und davon spricht auch Römer 8:
«Die Schöpfung ist nämlich der Vergänglichkeit unterworfen, nicht freiwillig, sondern durch den, der sie unterworfen hat, auf Hoffnung hin, dass auch die Schöpfung selbst befreit werden soll von der Knechtschaft der Sterblichkeit zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung mitseufzt und mit in Wehen liegt bis jetzt; und nicht nur sie, sondern auch wir selbst, die wir die Erstlingsgabe des Geistes haben, auch wir erwarten seufzend die Sohnesstellung, die Erlösung unseres Leibes.»
Römer 8:20-23
Alles wird gut werden. Die Anfänge davon können wir schon in dieser Welt sehen; doch müssen wir auch immer wieder feststellen – und heute ist so ein Tag – dass wir noch in einer gebrochenen Welt leben. Krieg und Leiden erinnern uns daran. In Römer 8 ist von Leiden und Herrlichkeit die Rede – und davon, dass die Leiden der jetzigen Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die auf uns wartet. Und darüber, dass diese Leiden so schmerzhaft sind, dass uns sogar die Worte um zu beten fehlen – die Ukraine, Europa und die Welt erlebte das.
Diese Welt wird nie perfekt sein. Egal wer sich wie sehr darum bemüht. Erst wenn Jesus wiederkommt und den Himmel abschliessend auf die Erde bringt, werden wir in einer perfekten Welt leben. Das wird die Erfüllung von Habakuk 2,14 sein:
«Denn die Erde wird erfüllt werden von der Erkenntnis der Herrlichkeit des Herrn, gleichwie die Wasser den Meeresgrund bedecken.»
Anmerkung: Das alles schreibe ich nicht im Sinne von “frommer Weltflucht” oder “Vertröstung aufs Jenseits”. Darum will ich zum Abschluss Bonhoeffer zitieren2, der dies sehr treffen zum Ausdruck gebracht hat:
Es gibt Menschen, die es für unernst, Christen, die es für unfromm halten, auf eine bessere irdische Zukunft zu hoffen und sich auf sie vorzubereiten. Sie glauben an das Chaos, die Unordnung, die Katastrophe als Sinn des gegenwärtigen Geschehens und entziehen sich in Resignation oder frommer Weltflucht der Verantwortung für das Weiterleben, für den neuen Aufbau, für die kommenden Geschlechter. Mag sein, dass der Jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gerne die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.
Meine Gebete sind mit all den Ukrainischen und Russischen Familien, die Angehörige verloren haben. Und ganz grundsätzlich bei der Ukrainischen Bevölkerung, die durch schwere Stunden, Tage und Jahre geht. Möge der Trost des Heiligen Geistes ihnen nahe sein und die Gegenwart Gottes ihnen Kraft spenden.
[1] https://www.faz.net/agenturmeldungen/dpa/biden-will-russland-zur-rechenschaft-ziehen-17829119.html
2 Bonhoeffer, Dietrich 2019. Widerstand und Ergebung: Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus. (S. 36)